Keine 15 Kilometer von Göttingen entfernt liegt das Grenzdurchgangslager Friedland. Für Hunderttausende Spätaussiedler war es das „Tor zur Freiheit“, durch das Deutsche aus der Ehemaligen Sowjetunion und ihre Familienangehörige seit Jahrzehnten nach Deutschland kommen. Ihren Höhepunkt erreichte die Einwanderung in den 1990er Jahren, als bis zu 200.000 russlanddeutsche Spätaussiedler kamen. Rund 20 Jahre nach der großen Einwanderungswelle sind die meisten Russlanddeutschen hier angekommen und in ihren Heimatgemeinden fest verankert.
Bei Spitzensportlern und Schlagerstars, wie Helene Fischer, scheint der Migrationshintergrund vergessen. Auch in Niedersachsen leben zahlreiche Russlanddeutsche, die mit ihren beachtlichen Leistungen in den Bereichen Kultur, Sport oder Wirtschaft das Bundesland stärken.
Die Wanderausstellung „Deutsche aus Russland. Geschichte und Gegenwart“ der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland mit dem Projektleiter Jakob Fischer, die im Rahmen eines Begegnungsabends am 4. Mai 2015 im Kreisverwaltungshaus Göttingen eröffnet wurde, erinnerte und informierte an die Hintergründe der großen Einwanderungswelle und die gelungene Integration der Russlanddeutschen in der Bundesrepublik.
Die Grußworte sprachen Bernhard Reuter, Landrat des Landkreises Göttingen, und Lilli Bischoff, Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Unter den zahlreich erschienenen Gästen waren auch Mitglieder der Fraktionen SPD und CDU des Landkreises Göttingen, die sogar ihre Sitzungen unterbrochen hatten, um die Ausstellung zu besichtigen.
Neben der aufschlussreichen Power-Point-Präsentation zur Geschichte und Gegenwart der Russlanddeutschen und der Migrationsgeschichte in Deutschland wurde auch ein Kurzfilm über das Ankommen der Spätaussiedler in Friedland gezeigt, der unter anderem die Vorurteile und Schwierigkeiten der ersten Jahre thematisierte.
Musikalisch wurde die Ausstellung von Tatjana und Wladimir Stumpf aus Duderstadt umrahmt. Auf dem Programm standen deutsche und russische Lieder. Zum Schluss der Eröffnungsveranstaltung lud Jakob Fischer zum Mitsingen ein - bei deutschen Volksliedern und Weisen aus dem russlanddeutschen Liederschatz, die gemeinsam angestimmt wurden, klang der stimmungsvolle Begegnungsabend aus.
Seit genau 20 Jahren ist die Wanderausstellung „Deutsche aus Russland. Geschichte und Gegenwart“ (bis 2013 „Volk auf dem Weg. Geschichte und Gegenwart der Deutschen aus Russland“) bundesweit unterwegs. In dieser Zeit hat sich die Wanderausstellung gewandelt und zum Multiplikator des Wissens über die Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen entwickelt. Die neue Fassung der beeindruckenden Wanderausstellung mit dem Leitgedanken „Wurzeln schlagen und die Gesellschaft stärken“ stellt die Integrationserfolge der Russlanddeutschen in den Vordergrund. Das Projekt wird vom Bundesministerium des Innern und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert. Auch in Niedersachsen ist die Wanderausstellung, wie hier in Göttingen, regelmäßig unterwegs.
Seit 20 Jahren ist die Wanderausstellung „Deutsche aus Russland. Geschichte und Gegenwart“ (bis Ende 2013 „Volk auf dem Weg. Geschichte und Gegenwart der Deutschen in Russland“) ein Multiplikator des Wissens über die Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen. Sie wird vom Bundesministerium des Innern gefördert und in sieben parallel laufenden Exemplaren (jeweils 24 Stellwände) von Projektleitern der Landsmannschaft, Jakob Fischer und Josef Schleicher, bundesweit präsentiert.
Und so ist die Wanderausstellung auch in Niedersachsen regelmäßig unterwegs. Städte und Gemeinden wie Hannover, Wolfsburg, Hildesheim, Friedland, Peine, Hameln, Cuxhaven, Rotenburg/Wümme, Lohne/Vechta, Verden, Neunkirchen, Bodenwerder/Holzminden, Osterholz-Scharmbeck, Bockenem/Hildesheim, Eschershausen/Holzminden und viele andere zählten bereits zu den Stationen der Wanderausstellung, manche Standorte mehrfach.
Präsentationen mit vielfältigen Rahmenveranstaltungen finden in Schulen und Berufsschulen (Schulprojekttage "Migration und Integration in Deutschland"), Rathäusern, Stadtverwaltungen, Kirchen, Heimatmuseen, Kurhäusern, Kulturzentren oder Bürgerhäusern statt. Die Aufklärung durch Vorträge und Filmpräsentationen, Klassenführungen, Informations- und Kulturprogramme mit Kulturgruppen fördern ein besseres Verständnis der Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion.
Die Rahmenveranstaltungen der Wanderausstellung werden in Zusammenarbeit mit den Ortsverbänden der Landsmannschaft durchgeführt, wobei sich die Ehrenamtlichen mit Gesang, Musik oder Tanz einbringen. Für die Landsmannschaft vor Ort ist es immer wieder eine gute Gelegenheit, ihre Angebote, Talente und Erfahrungen zu präsentieren, sich bemerkbar zu machen. Auch andere Vereine der Russlanddeutschen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Schulen und Verwaltungen werden einbezogen. Auch Politiker aller Parteien kommen gern zu den Veranstaltungen der Wanderausstellung.
Besonderen Wert legen die Projektleiter auf die Einbindung von Zeitzeugen der russlanddeutschen Geschichte. So wird das Ausstellungsangebot mit zusätzlichen Infos oder Gegenständen - Exponaten der
Alltagsgeschichte - aus privaten Sammlungen unserer Landsleute ergänzt. Durch liebevoll aufbewahrte Zeitungsausschnitte, Familienfotos, Dokumente und Gegenstände des Alltags wird die Geschichte der
Russlanddeutscher lebendiger und nachvollziehbarer. Auch die Teilnahme von Zeitzeugen an einer Führung oder einer Unterrichtseinheit ist immer eine willkommene Abwechslung und Bereicherung. Hier
einige Beispiele aus Niedersachsen.
Magdalena Stichilas stellte bei der Ausstellung in Hannover-Laatzen selbstverfasste Bücher über ihre Familiengeschichte vor - Ergebnisse ihrer vieljährigen Forschungsarbeit. Die
ehemalige Lageristin aus Kasachstan erzählte nicht nur über das Schicksal ihrer Vorfahren, sondern auch über eigene Recherchen in den Archiven und Kirchen Deutschlands, Frankreichs und der
Ukraine.
Auch in Braunschweig hatten Landsleute Familienreliquien in einer Vitrine zur Schau ausgelegt: Konfirmationszeugnisse von Else Bossert und Karl Weiss, ausgestellt 1910 und 1912.
Bei der Führung mit Viertklässlern im Kulturbahnhof Neunkirchen waren auch drei russlanddeutsche Omas dabei, die die Projektleiter unterstützten. So konnten die Kleinen echte Lehrbücher und
die Schuluniform aus Omas Zeiten betrachteten. Auch bei Erklärung der Bedeutung mancher Alltagsgegenstände, z.B. „Balalajka“ aus der russischen Musikkultur oder „Piala“ (Teetasse) aus der
kasachischen Küche konnten die Omas behilflich sein. In allen Ecken des ehemaligen Bahnhofs wurden Erinnerungsstücke aus Russland und Kasachstan platziert.
In Wolfsburg weilte die Wanderausstellung in der Berufsbildenden Schule Anne-Marie Tausch unter dem Thema „Interkulturelles Lernen - Migration und Integration“, der Kurs wurde von den
Lehrern Paul Ebel, selbst ein Deutscher aus Karaganda/Kasachstan, und Harry Minkus betreut. Auch hier hatten sich die Schülerinnen der Fachschule Sozialpädagogik intensiv mit dem Thema Integration
auseinandergesetzt und mit ihren Arbeiten ergänzt. In einer Vitrine wurden Erinnerungsstücke ausgestellt: Mehrere Familienchroniken mit Stammbäumen, ein 115 Jahre altes Gebetbuch von der Wolga, ein
Einwanderungskoffer der Großmutter von 1978 oder andere Gastgeschenke. Zum vielfältigen Programm gehörten unter anderem Musik, Rezitationen und ein kulinarisches Feuerwerk. Alle Rezepte waren in
einem eigens erstellten „Rezeptheft“ zu haben.
Im Bürgersaal des Neuen Rathauses Hannover weilte die Wanderausstellung in Verbindung mit der Veranstaltung „RUSSISCH in Hannover“. Auch hier fand ein lebendiger Begegnungsabend mit einem
Bühnenprogramm, Vorträgen und Präsentationen statt. Die Ausstellung wurde von der hiesigen Stadtgesellschaft wie auch Rathausbesuchern von nah und fern mit großem Interesse wahrgenommen und von
mehreren internationalen Reisegruppen, die in der Messestadt zu Gast waren, besucht. Der Projektleiter Josef Schleicher begleitete durch die Ausstellung Gäste aus Frankreich, Polen, Slowakei, China,
Iran, Südafrika und weiteren Ländern sowie extra angereiste Besucher aus Minden, Wilhelmshaven, Gelle sowie anderen deutschen Städten. Das Echo der Veranstaltungsreihe erreichte viele Zeitungsleser
und Internet-User. So kamen zwei Schulkassen (Jahrgang 8 und 9) aus dem Schulverbund Lesum (Realschule) in Bremen speziell zur Wanderausstellung nach Hannover, als sie darüber im Internet erfahren
haben.
Im Rathaus Barsinghausen wurde die landsmannschaftliche Wanderausstellung im Rahmen der Interkulturellen Woche unter dem Motto „misch mit“ gezeigt. Auch hier beteiligte sich die Ortsgruppe
der Landsmannschaft am Rahmenprogramm, der gemischte Chor der Landsmannschaft mit der Leiterin Olga Welz sorgte für die musikalische Umrahmung. Ganz im Sinne des Mottos der Interkulturellen Woche
bemüht sich auch die Landsmannschaft in Barsinghausen seit Jahren, mit zu mischen und die Landsleute bei ihrem Start im der neuen Heimat auf vielen Ebenen zu unterstützen.
38640 Goslar / Niedersachsen
27.04.15 – 04.05.15: Kreishaus, Klubgartenstr. 6, Tel. 05321 – 76 433. Die Ausstellung wird am Montag, 27. April, um 18.30 Uhr mit Grußworten, Vortrag, Film und Führung durch die Ausstellung eröffnet. Grußworte sprechen: Thomas Brych, Landrat des Landkreises Goslar, Lilli Bischoff, Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Organisation: Ulrike Menke.
37083 Göttingen / Niedersachsen
04.05.15 – 22.05.15: Kreisverwaltung, Reinhäuser Landstr. 4, Tel. 0551 – 5250. Die Ausstellung wird am Montag, 4. Mai, um 18.30 Uhr im Rahmen eines Abends der Begegnung mit Grußworten, Vortrag, Film und Kulturprogramm eröffnet. Grußworte: Bernhard Reuter, Landrat des Landkreises Göttingen, Lilli Bischoff, Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Organisation: Herr Thiele / Frau Rümenapp, Tel. 0551 – 525 180
21244 Buchholz in der Nordheide / Landkreis Harburg / Niedersachsen
22.06.15 – 03.07.15: Stadtbücherei, Kirchenstr. 6, Tel. 04181 – 214 286. Die Ausstellung wird am Montag, 22. Juni, um 19 Uhr im Rahmen eines Abends der Begegnung mit Grußworten, Vortrag, Film und Kulturprogramm eröffnet. Grußworte sprechen: Jan Hendrik Röhse, Bürgermeister der Stadt Buchholz in der Nordheide, Lilli Bischoff, Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Organisation: Heike Hansen.
37154 Northeim / Niedersachsen
23.09.15 – 12.10.15: Rathaus, Scharnhorstplatz 1, Tel. 05551 – 9660. Die Ausstellung wird am Mittwoch, 23. September, um 18 Uhr im Rahmen eines Abends der Begegnung mit Grußworten, Vortrag, Film
und Kulturprogramm eröffnet. Grußworte sprechen: Hans-Erich Tannhäuser, Bürgermeister der Stadt Northeim, Lilli Bischoff, Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft der Deutschen
aus Russland. Organisation: Ekkehard Just, Tel. 05551 – 966 285.
21423 Winsen (Luhe) / Landkreis Harburg / Niedersachsen
01.10.15 – 21.10.15: Kreishaus der Kreisverwaltung Harburg, Schlossplatz 6, Tel. 04171 – 6930 bzw. 693 284. Die Ausstellung wird am Donnerstag, 1. Oktober, um 15 Uhr mit Grußworten, Vortrag,
Film und Kulturprogramm eröffnet. Grußworte sprechen: Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg, Lilli Bischoff, Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft der Deutschen aus
Russland. Organisation: Birgit Behrens.