Fünf junge Frauen und Männer aus Spätaussiedlerfamilien sind am 9. September 2021 im Fritz-Haake-Saal des Stadt- teilzentrums Ricklingen in Hannover mit dem Preis „An-
gekommen!“ („Flügel. Wurzeln. WIR“) ausgezeichnet worden. Der Preis ist eine Initiative der niedersächsischen Landesbe- auftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Editha Westmann
MdL, und wurde zum zweiten Mal vergeben.
Mit diesem Ehrenpreis möchte die Landesbeauftragte auf die von Deutschen aus Russland in Niedersachsen erbrachte Integ rationsleistung sowie ihre Erfolge im Berufsleben und Ehrenamt aufmerksam machen. Mit der Auszeichnung verbunden ist ein Preisgeld von jeweils 1.000 Euro, das der Jugendarbeit in den be treffenden Vereinen zugutekommt.
Die Preisverleihung wurde von der Moderatorin und Schau spielerin Sabine Ehlers moderiert. Für die musikalische Unter haltung sorgte die junge Sängerin Eva Friesen aus Lüneburg, die bereits mit fünf Jahren auf der Halbinsel Kola in Russland ange fangen hat, zu singen und Musik zu machen.
Die Schirmherrschaft übernahm auch diesmal Björn Thümler, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, der in seinem Grußwort an den 80. Jahrestag der Deportation der Deut schen in der Sowjetunion und die geschichtliche Bedeutung des Lagers Friedland bei Göttingen erinnerte.
Das ehrenamtliche Wirken der Preisträger wurde in Kurzfilmen vorgestellt und von Laudatoren gewürdigt. Ausgewählt und ausge zeichnet wurden fünf junge Menschen aus den Reihen der Spätaus
siedlerInnen aus ganz Niedersachsen, die sich für das Allgemeinwohl einsetzen und erhebliche gesellschaftliche Leistungen erbracht haben.
Philipp Arnold aus Lüneburg,
dort 2002 geboren. Sein Vater stammt aus Kasachstan, seine Mut ter aus Turkmenistan. Mit viel Neugier und Wissbegierde wagte er mit 16 Jahren allein eine Reise zu Verwandten in Russland bzw.
Karelien. Daraufhin hielt er vor Mitgliedern der Ortsgruppe Lü neburg der LmDR Vorträge über seine Reise. Gemeinsam mit an deren aktiven Ehrenamtlichen organisierte Philipp jedes Jahr im Winter
für Kinder und ihre Eltern aus Lüneburg und Umgebung das Theaterstück „Wintermärchen mit Ded Moroz“. Dabei über nahm er jedes Mal auch einen aktiven Part und spielte mit. „Man soll sich der
neuen Gesellschaft, in der man lebt, öffnen, aber na türlich seine Wurzeln nicht vergessen. Meine Heimat ist Deutsch land mit tiefen Wurzeln in Russland, aber auch in Mittelasien, Turkmenistan
und Kasachstan“, so Philipp Arnold.
Celine Kewitz aus Hameln,
geboren 2000 in Hameln, engagiert sich aktiv im „Verein für Spätaussiedler und deutsche Rückwanderer" in Hameln; 2019 wurde sie dort als Schatzmeisterin in den Vorstand gewählt. Außerdem ist
sie seit 2006 Mitglied in der „Sportvereinigung Afferde e. V.“, be treut dort Jugendliche bei Turnieren und unterstützt die körperlich beeinträchtigten Kinder bei ihrer Schularbeit. „Jeder sollte
seinen Beitrag für die Gesellschaft leisten, damit jeder sich angenommen und willkommen fühlt.“ Und: „Über Sprache und Arbeit verliert man die Einsamkeit“, meint sie. Sie bedauert, dass die
Geschichte der Spätaussiedler nur wenigen bekannt ist.
Stefan Bal aus Hemmingen-Westerfeld,
2000 in Kasachstan geboren und seit elf Jahren ehrenamtlich aktiv tätig bei der Freiwilligen Feuerwehr Hemmingen-Westerfeld und im Sportverein. Als gelernter Sport und Fitnesskaufmann bildet Stefan Kinder aus und betreut sie. Er betrachtet seine Kolleginnen und Kol legen in der Freiwilligen Feuerwehr als seine zweite Familie und freu
sich, Gutes für die Gesellschaft tun zu können. Im Oktober beginnt Stefan Bal sein Studium und hat vor, in seiner beruflichen Zukunft im sozialen Bereich tätig zu sein. Die Arbeit mit
Jugendlichen ist Ste fan besonders wichtig: „Die Jugendlichen sind unsere Zukunft. [...] Ich bin gerne die Person, die für sie da ist, wenn sie Probleme haben.“
Ekaterina Efremova aus Hannover,
22 Jahre alt, ist in handwerklichen, künstlerischen und sozialen Bereichen engagiert. Sie beteiligt sich ehrenamtlich beim „Tolstoi Hilfs und Kulturwerk Hannover e.V.“, wo sie bei vielen
Projekten wie Filmaufnahmen von Puppentheateraufführungen mitwirkt und Aufgaben wie Schreiben von Storyboards, Dreh und technische Be arbeitung übernimmt. Als Übungsleiterin unterrichtet sie
vier bis 13jährige Kinder im Malen und Basteln. In Zukunft möchte sie Re gisseurin werden, Filme und Serien drehen, die Menschen bewegen. Die Arbeit mit Kindern ist ihr wichtig, weil sie die
nächste Generation sind. „Man gibt Werte weiter, die die Menschheit besser machen.“ Die Heimat bedeutet für sie Orte, wo sie Menschen hat, die sie gern hat und immer wieder trifft, und Orte, an die
sie gute Erinnerungen hat.
Alexander Zeisler aus Hannover,
2003 in Hannover geboren, ist ehrenamtlich aktiv im „Verein für Musik und Kunst“ Hannover. Er legt großen Wert darauf, sich auch außerhalb der Schule zu betätigen. Bereits mit sieben Jahren hat er begonnen, Trompete zu lernen, und fand Freude an der Musik und Freunde. So hat das Vereinsorchester einen großen Platz in seinem Leben eingenommen. Er möchte später gern im sozialen Bereich ar beiten, am besten mit Kindern. „Heimat bedeutet für mich Zugehö rigkeit, Sicherheit, und sie gibt mir das Gefühl von Geborgenheit“, so Alexander Zeisler.
Das Schlusswort der Landesbeauftragten Westmann bewegte die Zuschauerherzen: „Die Spätaussiedler aus den Länder der ehe maligen Sowjetunion haben den großen Umbruch als Chance ge sehen und
sich trotz mancher Hürden gut in die neuen Verhält nisse gefügt. Ihre Kinder und Enkel der Spätaussiedler wachsen in vielen Bereichen zu Leistungsträgern in unserer Gesellschaft heran. Das
verdient Beachtung und Würdigung.“
Landesgruppe Niedersachsen / VadW
Ein Mitschnitt der Veranstaltung findet sich unter diesem Link:
https://youtu.be/pduyf3py9Z